Dienstag, 20. September 2011

Sittenwidrigkeit vs. Menschenrechte

Sexarbeiterinnen sollen gemäss der Kommission des Grossrats im Kanton Bern ihren Lohn rechtlich einfordern können.
Zurzeit gilt Prostitution in der Schweiz als Sittenwidrig, weshalb ein ganzer Berufszweig neben der sozialen auch massive rechtliche Diskriminierung erfährt. Die Sittenwidrigkeit wird damit begründet, dass niemand vertraglich zur Leistung von sexuellen Handlungen verpflichtet werden darf. Als Gegenstück dazu kann auch das Honorar nicht eingefordert werden. Da die Sexualität ein so sensibler Bereich ist, finde ich den ersten Teil absolut gerechtfertigt. Prostitution ist ein Beruf, aber keiner wie jeder andere- er braucht spezielle Schutznormen.

Diese sind aber nicht mit Repressionen zu verwechseln!! In Österreich müssen Prostituierte zum Beispiel gemeldet sein. Aufgrund der immer noch existierenden Stigmatisierung und dem faktisch fehlenden Datenschutz in diesem Bereich ist dies sehr problematisch. In der Vergangenheit ist es vorgekommen, dass die Polizei beim "bürgerlichen" Arbeitsplatz von Prostituierten vorbeigekommen sind um sie blosszustellen, wenn diese nicht erniedrigende Zwangsuntersuchungen über sich ergehen lassen wollten. Auch Erpressungen durch Personen, welche an die Meldedaten gekommen sind (Beamte oder Unbeteiligte), haben sich schon vielfach ereignet. Sexarbeiterinnen werden offiziell gebrandmarkt und haben es deshalb wesentlich schwerer einen Berufswechsel durchzuführen, obwohl letzteres ganz im Sinne von Prostitutionsgegnern sein sollte.

Es gibt eine vielzahl von Berufen, welche Sonderregeln brauchen, Sexarbeit ist damit nicht alleine. Wie ich in einem früheren Post geschrieben habe, sollten Prostituierte mit der neuen Regelung nicht zu sexuellen Handlungen verpflichtet werden, sondern das Honorar zurückgeben falls sie ihren Teil aus welchen Gründen auch immer nicht erfüllen können/wollen.

In der Praxis wird diese Regelung unbedeutend sein, da alle Sexarbeiterinnen ausser den unerfahrensten und gutgläubigsten/naivsten das Honorar vorher verlangen. Sie enthält allerdings eine wichtige Stellungnahme, nämlich dass die Rechte von Sexarbeiterinnen respektiert werden sollen wie diejenigen anderer Menschen auch.