Samstag, 30. April 2011

Sexarbeit und Behinderung

Karin Hansen gibt Hinweise, wie sich Pflegepersonal, das sich im Namen ihrer Betreuten an Sexarbeiterinnen wendet, richtig verhalten kann bzw. wie es sicher NICHT gemacht werden sollte.

Ein Auszug:

"Ich war bislang bei Anrufen von Institutionen immer bestrebt, eine Zusammenarbeit herbeizuführen.
Um einem betreuungsbedürftigen MmB (Anm.: Mensch mit Behinderung) ein angenehmes Erlebnis zu bereiten braucht es nicht nur meinen Körper und ein Bett.

Es braucht einiges an Vorbereitung und Planung. Auch ich benötige einiges an Wissen über diesen Menschen; seine Behinderung; sein „Machbares“ und ich möchte gerne wissen, ob ich mich dem überhaupt gewachsen fühle, oder nicht.

Die An- und Abfahrt muß organisiert werden und auch hinterher wünsche ich ein Gespräch mit der Person, die das Zusammensein ermöglicht hat.
Ich wünsche feedback in und aus beiden Richtungen.

Mir scheint manchmal, dass einige HEP nun mit dieser „neuen Ausrichtung auf die Sexualität von MmB“ etwas übereifrig sind.
Da ist ein Bewohner, der scheinbar erotische Gefühle hat – dann fährt man ihn mal kurz zu einer Hure und alles ist wieder gut.
Man liefert ihn ab und überlässt ihn dann dieser Frau – ob „vertrauensvoll“ oder „gleichgültig“ ist nicht so einfach zu unterscheiden.

Für mich zumindest fühlt es sich beschi***n an(......)Ich freue mich, daß die Sexualität von MmB langsam anerkannt und respektiert wird.
Aber ich denke auch, daß es noch viel zu lernen gilt."

Mittwoch, 27. April 2011

Mädchen

Im Gegensatz zu einigen anderen jungen Feministinnen lehne ich die Bezeichnung Mädchen, Fräulein etc. für erwachsene Frauen entschieden ab, da es in der Deutschen Sprache sexistisch verwendet wird. In der Gruppe redet man spassig oft von "Jungs und Mädels", woran nichts auszusetzen ist. Als Individuen werden allerdings fast nur junge Frauen ohne scherzenden Unterton verkindlicht. Kinder sind noch nicht voll entwickelt, man nimmt sie nicht gleich ernst wie Erwachsene, egal ob Mädchen nun auch gescheit, frech und stark sein können. Man mag zwar einwenden dass dies doch nur Semantik ist, aber die Semantik hat einen nicht zu leugnenden Einfluss darauf wie etwas wahrgenommen wird. Wer nimmt denn ein 30- Jähriges "Mädchen" als Chefin ernst?

Freitag, 15. April 2011

Emma und Prostitution

Die (radikal-) feministische Frauenzeitschrift Emma versucht in ihrer neuen Frühlingsausgabe wieder mal mit allen Mitteln, Prostituierte zu pathologisieren. Ein paar Punkte:

Im ersten Artikel "Es ist moderne Sklaverei" wir der Alltag bei der Anlaufstelle La Strada beschrieben. Es eröffnet sich ein Bild des Elends. Roma-Frauen werden von ihren Familien verkauft und schuften sich praktisch zu Tode, während die Männer faulenzen und das Sagen haben. Darauf, dass dies vielmehr mit kulturellen Misständen im Herkunftsland als mit Prostitution generell zusammenhängt kommt man aber nicht. Es wird immer betont, dass die Frauen sich aus finanzieller Not gezwungenermassen Prostituieren. Wenn dies tatsächlich der Fall sein sollte, ist es reine Zeitverschwendung und für die Beteiligten äusserst kontraproduktiv, Prostitution an sich bekämpfen zu wollen. So lange diese NOT bestehen bleibt wird es immer Frauen geben, welche sich Prostituieren MÜSSEN. Man müsste die ganze Wirtschaft und Gesellschaft im Ostblock und den sonstigen Herkunftsländern umkrempeln, alles andere ist schädliche Symptomsbekämpfung. Die Sozialarbeiterin von La Strada setzt noch eine dreiste Behauptung auf: Sexarbeiterinnen, welche sich in Talkshows nicht einseitig negativ über ihre Tätigkeit äussern seien Lobbyistinnen, welche bezahlt werden um zu erzählen "wie geil Prostitution ist".

Anm. an die Kommentatoren, deren Beiträge ich wegen beleidigendem Inhalt nicht veröffentlicht habe: Ich kritisiere nicht, dass diese Missstände angesprochen werden, sondern das es sensationalistisch als Propaganda gegen Freiheitsrechte missbraucht wird. Lest doch bitte was tatsächlich im Post steht, ohne irgendwelchen Mist rein interzupretieren. Zu behaupten, ich sei zu "privilegiert" um mir eine qualifizierte Meinung bilden zu können ist nur eine weitere Masche, um tatsächliche Sexarbeiterinnen welche nicht dieselbe Sichtweise haben zum Schweigen zu bringen. Seid ihr etwa alle alleinerziehende Migrantinnen aus sog. bildungsfernen Schichten, welche eine gewaltvolle Kindheit hatten? Ich schätze eher dass Disqualifizierung wegen "Privilegiertheit" nur für Prostituierte gelten soll.

Im Artikel "Die Freier Baden doch im Schampus" erklärt der Hauptkommissar, dass nur 3-5% aller Prostituierten völlig selbständig arbeiten. Erstens: Es ist kaum verwunderlich, dass ein Polizist zu diesem Schluss kommt, schliesslich erleben diese aufgrund der Natur ihrer Arbeit hauptsächlich Problemfälle. Entsprechend wird auch die Sozialarbeiterin einer Anlaufstelle nicht mit integrierten und zufriedenen Sexarbeiterinnen zu tun haben wird.
Zweitens fragt sich, was mit selbständig gemeint ist. Auch wenn ich ein sogenanntes Independent Escort bin, so bin ich während meiner Buchungen auf andere angewiesen und würde vermutlich als "unselbständig" qualifiziert werden. Ich habe eine Coverperson, die stets weiss wo ich bin und für diese verantwortungsvolle Aufgabe finanziell entschädigt wird. Ausserdem beauftrage ich einen Fahrer, wenn ich einen neuen Kunden treffe (kommt heutzutage nur selten vor, da ich eine zuverlässge Stammkundschaft habe). Dieser erhält dann etwa 1/3 meines jeweiligen Einkommens, was seinem herkömmlichen Honorar entspricht. Als ich noch mit einer Agentur gearbeitet habe, hätte ich sogar sicher als unselbständig gegolten.

Weiter kritisiert der Hauptkommissar das Prostitutionsgesetz. Es sei für gleichgestellte Partner angelegt worden, was der Realität allerdings nicht entspreche. Ein Bordell habe Prostituierten alles vorgeschrieben und sogar Strafgelder bei unzufriedenen Kunden ausgestellt. Eine Klage wegen (der immernoch strafbaren) Zuhälterei sei mit Verweis auf das Prostitutionsgesetz abgelehnt worden.

Bezüglich Prostitution gibt es viele merkwürdige, auch absolut Menschenverachtende Gerichtsurteile (siehe hier). Ich würde gerne das Gerichtsurteil lesen um mir ein eigenes Bild darüber zu machen, aber wie erwartet ist keine Quelle vorhanden. Entweder waren die Voraussetzungen für Zuhälterei oder andere Straftaten in diesem Fall doch nicht erfüllt, konnten nicht nachgewiesen werden oder die Richter empfanden Prostituierte schlicht nicht als schützenswert, was nicht selten ist (Prostituierte können ihren Lohn in der Schweiz zb. immer noch nicht einklagen). Das ist aber nicht der Fehler des Prostitutionsgesetzes, welches nur im Fall von selbstbestimmter Sexarbeit angewendet werden sollte, wenn es denn für diese Konstellation geschaffen wurde.

Weiter wird erwähnt, dass schon versucht wurde, missbräuchlichen Mietzinsen für Tageszimmer zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft geht aber auf entsprechende Klagen nicht ein. Diese Bemühungen verdienen volle Unterstützung, denn Wucherzinsen schaden Prostituierten finanziell und führen zu weiteren Schulden. Ich bezweifle aber, dass die Emma und ihre Zielgruppe sich jemals dafür einsetzen würden. Stets wird zur Abschaffung der Prostitution aufgerufen, da bleibt für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen kein Raum. Prostitution wird generell schon als so schädlich empfunden, dass es nicht wirklich einen Unterschied macht unter welchen Bedingungen diese stattfindet. Selbstverständlich ist es egal, wie die Betroffenen selbst es empfinden.

Noch am Rande: Emma-Feministinnen wehren sich stets gegen das Label "Lustfeindlich und Prüde". Wenn man die Emma-Themen betrachtet, erscheint dies absolut absurd. Sex wird ausschliesslich aus einem negativen Standpunkt heraus betrachtet. Vergewaltigung. Sexualmord. Pornographie, die Darstellung von sexuellen Akten aller Art, wird als verbildlichte sexuelle Gewalt definiert. Verstümmelung. Häusliche Gewalt. Prostitution ist per se bezahlte Vergewaltigung. Menschen, welche Sex nur um seiner selbst Willen geniessen können, sind emotional abgestumpft. Besondere Vorlieben (vor allem SM) werden äusserst herablassend behandelt. Männer mit sexuellen Bedürfnissen, welche sie auch äussern, sind anmassend und behandeln Frauen als Objekt für ihre Begierden. Geht eine Frau auf die sexuellen Wünsche eines Mannes ein, ist sie unemanzipiert. Hat sie gar eigene Wünsche, so sind diese vom Patriarchat vermittelt worden wenn sie nicht politisch korrekt sind. Wenn etwas positives gesagt wird, dann nur wie wunderbar magisch die weibliche Sexualität doch sei. Selbstverständlich ohne weitere Ausführungen, denn das wäre Pornographisch. Eine Foristin verlangt sogar, Artikel mit sexuellen Inhalten aus der Wikipedia zu verbannen. Lustfeindlich? Aber neeein, wir doch nicht...wie kommt man denn darauf? Wir wollen nur dass alle sich unseren beschränkten Vorlieben anpassen. Denn nur diese sind echte Lust, alles andere ist Verrohung/pervers/unnötig!

Emmas Leitsatz "Gegen Prostitution- in Solidarität mit den Prostituierten" erscheint als blanker Hohn.